Avengers: Endgame – Marvels Niederlage im Endspiel

Die Vorfreude auf den neuen Avengers – Endgame war natürlich riesig. Im Vorfeld gab es zig Theorien, jeder Trailer und jedes Set-Bild wurde gründlich analysiert und zerlegt. Alle waren gespannt auf die Auflösung des Infinity War Cliffhangers, den Film, der eine neue Phase des MCU einläuten sollte. Ohne zu viel zu verraten, aber vielleicht war genau das einer der Hauptgründe, warum Endgame in meinen Augen so grandios scheiterte. So, jetzt aber genug der Vorgeplänkels, jetzt gehe ich konkret auf den Film und seine Handlung ein. Es folgen wirklich harte SPOILER, also jeder, der den Film noch nicht gesehen hat, sollte jetzt nicht weiterlesen.

Die Ausgangssituation des Films sollte ja relativ klar sein. Thanos tätigte am Ende von Infinity War den verehrenden Schnips und löschte somit 50 % der Lebewesen aus, davon auch ein Großteil der Avengers. Anschließend floh er. Genau da setzt der neue Film auch an. Die verbliebenen Avengers sind auf der Erde, lecken sich ihre Wunden und sind mehr oder weniger ambitioniert auf der Suche nach einer Lösung, Thanos Schnipser rückgängig zu machen. Warum genau DAS in meinen Augen nur wenig funktioniert, erkläre ich im Folgenden.

Die Story von Endgame

Die ist tatsächlich relativ schnell erzählt: Wie zu erwarten und von vielen im Vorfeld vermutet, liegt die Lösung der ganzen Sache im Zeitreisen. Dafür nutzen sie die Quantentechnologie aus Antman, die Ironman noch mal perfektioniert hat, um eine genaue Zeitreise möglich zu machen. Anschließend reisen sie in Teams zurück zu 3 Situationen in der Vergangenheit, an denen jeweils viele Infinity Stones an einem Ort waren und holen sich die, um dann mit einem selbst gebauten Gauntlet erneut einen Schnips auszulösen. Dies funktioniert (fast) nach Plan und ohne ernst zu nehmende größere Probleme. Genau DAS hätte ich mir aber anders gewünscht. Wozu spinnt man einen Plot rund um das Zeitreisen, wenn man das Potenzial nicht wirklich nutzt? Sowohl Action als auch emotionale Momente wären hier drinnen gewesen, doch von beidem fehlt hier jede Spur. 

Frisch zurück schnippt Hulk, der Schnipser von Thanos ist rückgängig gemacht. Thanos aus der Vergangenheit ist ihnen aber auf die Schliche gekommen und in die Zukunft gereist, es gibt einen finalen Kampf und Thanos stirbt. Im Gegensatz zu Infinity War merkt man doch schnell, was dem Film fehlt, nämlich Story: Wo man bei Infinity War in den knapp 2 1/2 Stunden an wechselnden Helden und Orten kaum hinterherkam, ließe sich die 3 Stunden Story von Endgame auch locker in der Hälfte der Zeit erzählen. Doch nun zum zweiten großen Kritikpunkt.

Die Logik

Eigentlich hätte ich eine andere Überschrift wählen sollen, denn von Logik ist während des ganzen Films weit und breit keine Spur. Lassen wir mal den Fakt außen vor, dass Ironman es geschafft hat, dass punktgenaue Zeitreisen möglich sind. Warum genau hält man sich dann nicht an die altbekannten Regeln des Zeitreisens, sondern setzt diese bewusst außer Kraft. Ich sage nur „Ach Zurück in die Zukunft? Das ist doch alles totaler Quatsch“. Wenn die Avengers die Infinity Stones aus der Vergangenheit holen, sind diese nach meinem Verständnis bei den Ereignissen des Infinity War nicht mehr vorhanden, d.h. es gab nie den verheerenden Schnips. Im Film aber doch. Also muss Hulk halt noch mal schnipsen. 

WTF? War nicht der Twist der Infinity Steine, dass sie Dinge auslösen, die nicht mehr rückgängig gemacht werden können? Und woher wissen sie, dass der Schnips dann genau Thanos Schnips rückgängig macht und nicht etwas ganz anderes auslöst? Aber sei es drum. Anschließend schafft es Thanos, mit nur EINEM Zeitreiseserum, obwohl vorher immer betont wurde, dass damit nur eine Person reisen kann, sich und seine ganzen Krieger in der Zukunft zu schaffen. Bei dem Kampf tötet Zukunfts-Nebula ihr altes Ich, bleibt aber trotzdem am Leben. Am Ende schnipst Ironman einfach noch mal und tötet damit Thanos und seine Schergen, was mich zum nächsten Punkt bringt.

Ganz viele offene Fragen

Was bedeutet dieser Schnips und was verändert er? Wenn man Thanos in der Vergangenheit tötet, dürfte er dann in darauffolgenden Handlungen gar nicht mehr existieren? Führt das nicht Infinity War ad absurdum? Was ist mit den direkt von Thanos getöteten Charakteren? Warum gibt es eine Fluchtszene von Loki in der Vergangenheit, auf die man später gar nicht mehr eingeht? Auch WER jetzt konkret in Infinity War gestorben ist, wird für mich nicht klar und nimmt dem Endgame auch seine emotionale Wucht.

Die Stimmung

In Infinity War wurde einfach mal die Hälfte alles Lebewesen getötet. Da erwartet man eine entsprechende Stimmung – aber weit gefehlt. Oftmals herrscht hier eine Gag-Dichte a la Mr. Bean. Das macht natürlich Spaß, aber wirft für mich die Frage auf, ob es der eigentlichen Stimmung von Endgame gerecht wird. Gerade Thor wird hier ziemlich ins Lächerliche gezogen und hebelt die erste, monumentale Stimmung aus Infinity War, die mich ein wenig an DC Filme erinnert, komplett aus. 

Thanos ist für mich auch kein ebenbürtiger und ernst zu nehmender Bösewicht mehr, da er nicht wirklich die Möglichkeit hat, seine Macht zu demonstrieren. Seine Screentime beschränkt sich hauptsächlich auf dialogstarke Szenen mit seinen Schergen und die finale Schlacht. Auch das „Heldensterben“, wie angekündigt, bleibt fast komplett aus. Ich bitte euch, dass Iron Man stirbt war mir von Anfang an klar. Da hätte ich tatsächlich gerne, so böse es klingt, 2-3 Helden mehr gerne tot gesehen. Apropos Helden:

Die Charaktere

Im Gegensatz zum ersten Teil funktioniert für mich die Konstellation hier nur bedingt. Entweder ist der Charakter eigentlich vollkommen unwichtig (Antman), er wird ins Lächerliche gezogen (Thor) oder er ist mächtig, aber weil es die Storyline verlangt nie vorhanden (Captain Marvel). Sowohl Captain Marvel als auch Antman wirken für mich so platziert, als wären sie einfach nur für den Plot wichtig und entsprechend konstruiert. Bis auf die Geschichte mit Zeitreisen trägt Antman gar nichts zum Plot bei. Captain Marvel wurde im Vorhinein einfach als zu mächtig etabliert, sodass man sie nur in „Dosen“ einsetzten kann – sonst würde ja Thanos vielleicht schon nach der ersten Stunde getötet. 

Dass am Ende alle Helden in die Schlacht eingreifen, ist sicher löblich, jedoch kommen für mich die einzelnen Charaktere einfach gar nicht zum Greifen. Es ist eine schön anzuschauende, aber auch inhaltlich völlig sinnlose Schlacht, die für mich wie auch der danach folgende Teil von Endgame wie reine Fan-Arbeit wirkt. Pepper Pots darf auch in den Anzug, Captain America darf Lokis Hammer schwingen. Tolle Sache, aber platziert in einem leeren Plot.

Fazit von Endgame

Insgesamt muss ich sagen, ich bin kein großer Fan des Films. Er hebelt den vielleicht besten Marvel Film komplett aus, weil er die Ereignisse so gesehen rückgängig macht. Ihm fehlt die nötige Dramaturgie, um ans Herz zu gehen. Ihm fehlt sowohl Logik als auch Handlung, um alles zu einem runden Abschluss zu bringen. Da hätte ich mir dann vielleicht doch eine Auflösung jenseits der Möglichkeit des Zeitreisens gewünscht. Der ganze Plot darum wirkt für mich oft so als hätte man ihn sich erst nach Infinity War an einem versoffenen Barabend ausgedacht. Klar, Spaß macht er und trotz seiner 3 Stunden und doch wenig Handlung hat er kaum Längen. Im Vergleich zu Infinity War zieht er jedoch klar den Kürzeren. 5,5 von 10 Sternen.

Eine Antwort

  1. […] was es filmisch unheimlich toll werden lässt, aber gleichzeitig schwer zu konsumieren. Endgame lässt alle Logik links liegen und nimmt den supersimplen Weg, was den Film in meinen Augen zur […]

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