Corona, Fakenews, Hass im Netz – ein Kommentar

Bisher ging es auf meinem Blog ja eher locker-lustig zu. Heute möchte ich in einem kleinen Kommentar aber über ein Thema sprechen, was mich zunehmend beunruhigt. Das Ganze wirklich auf einen Begriff oder einen Satz herunterzubrechen ist schwer, aber ich werde versuchen, in dem Text ein wenig klarzumachen, um was es mir geht.

Aufhänger Corona-Demo

Aufhänger ist die abgesagt und jetzt doch wieder stattfindende Corona-Demo in Berlin. Im Rahmen dessen gab es natürlich diverse Berichterstattung, die ich vor allem über Facebook erfolge. Dabei lange ich über irritierende Reaktions-Emojis immer öfter in der Kommentarspalte, die für mich eine völlig fremde Welt offenbart.

Hier treffen Verschwörungstheoretiker, Hass und eine völlig verzehrte Wahrnehmung aufeinander. Ein nahezu rechtsfreier Raum, dem immer wieder mal Gutmenschen versuchen Herr zu werden und sich in scharfe Diskussionen verstricken. Den Posturheber interessiert das oft wenig. Eine Ausnahme ist z.B. die Welt, die doch sehr hinterher ist, Hasskommentaren Herr zu werden.

Kommentarspalte als diverse Problematik

Tatsächlich sehe ich in den Kommentarspalten diverse Probleme. Es müssen nach deutschem Recht nach DSGVO zwar Hasskommentare verfolgt werden, dies ist aber oft kaum umsetzbar. Leider ist da die Masse der Kommentare. Hinzukommt die schwierige Abgrenzung von dem, was legal ist und was gegen Recht verstößt.

Selten kommen da so klare Äußerungen wie „die gehören vergaßt“ oder Ähnliches. Vieles lässt mich aber doch sauer aufstoßen, wo ich mich oft frage, wie nahe so etwas an der Grenze des Tatbestandes einer Straftat ist. Das Problem ist auch, dass Facebook, ein amerikanisches Unternehmen, diese Überprüfung durchführen muss, ohne vermutlich genug Experten im Bereich des deutschen Rechts zu haben.

Wo kein Richter, da kein Henker

Man kann sich natürlich auch die Frage stellen, warum Menschen so etwas überhaupt kommentieren. Und da lautet die einfache Antwort: Weil sie es können. Denn in den seltensten Fällen drohen Konsequenzen. a) weil sie gar nicht erwischt werden, b) weil es keinen Prozess gibt oder c) weil es sich nicht auf sie zurückverfolgen lässt.

Schaut man sich Profile von den Urhebern fragwürdiger Kommentare an, landet man selten bei einem mit klarem Profilfoto. Und da sehe ich das große Problem, denn solange man nichts zu befürchten hat, warum dann nicht hetzten, was das Zeug hält?

Anonymität vs. Rechtsverfolgung

Hier muss man natürlich die Anonymität gegen die Verfolgbarkeit von Äußerungen abwägen. Und in meinen Augen ist bisher da kein guter Kompromiss getroffen worden. Denn man kann in meinen Augen beides erreichen, ohne eines von beidem in einem nicht hinnehmbaren Maße aufzugeben.

Meine Idee wäre da eine Art verifizierter Internetpass, den man braucht, um sich auf Websites anzumelden, bei denen strafrechtlich relevante Dinge geäußert werden könnten. Das könnte dann über eine Prüfnummer erfolgen, die nur vom deutschen Start im Falle eines Prozesses zu einer Person zurückverfolgt werden kann. Liegt diese Nummer beim Internetdienst nicht vor, ist die Kommentarfunktion ausgeschaltet.

Facebook und Kommentar-Urheber in der Pflicht

Ich sehe aber auch Facebook und die Urheber der Posts in der Pflicht dafür zu sorgen, dass die Kommentarspalte zu gar keinem rechtsfreien Raum werden kann. Nach meinem Gefühl werden da gerne die Zuständigkeiten dem anderen zugewiesen und im Endeffekt passiert nichts. Dazu könnte z.B. gehören, dass Lach-Emojis unter Posts mit hoher Pietät deaktiviert werden können oder Postverfasser dazu verpflichtet werden, die Kommentarspalte zu managen. Andernfalls droht eine Sperre durch Facebook.

Auch viele andere kleine technische Raffinessen wären denkbar, etwa dass Posts einer bestimmten Art erst freigegeben werden müssen, Wörter automatisch gesperrt werden etc. Tatsächlich sehe ich nämlich ein ganz großes Problem mit der Kommentarspalte.

Meinungsbeeinflussung und Verzerrung

Ein wenig in Anlehnung an meine Bachelorarbeit über Computational Propaganda sehe ich da die Gefahr, dass Meinungen beeinflusst und verzerrt werden – und das möglicherweise auch bewusst. Dazu erst mal ein kleiner Exkurs, wie das überhaupt sein kann:

Liest jemand Posts, liest er auch oft automatisch die Kommentare oder nimmt zumindest die Reaktions-Emojis wahr. Stimmt das, wie darauf reagiert wird, mit der eigenen Meinung überein – alles gut. Gibt es ein ausgeglichenes Bild – auch alles gut. Geht es sehr gegen die eigene Meinung – je nachdem nicht alles gut, denn hier könnte Beeinflussung wirken.

Ein Faktor, der das ganze verstärken könnte, ist, dass Leute vor allem mit etwa interagieren, wenn sie eine negative Erfahrung damit gemacht haben. Warum sollte ich mich auch melden, wenn alles gut ist? Diesen Mechanismus bekommen vor allem Unternehmen in Form von kleinen oder größeren Shitstorms zu spüren.

Doch zurück zum Thema: Gibt es eine starke Diskrepanz mit der Meinung anderer und tritt diese häufig auf, kann das dazu führen, dass man sich in der Minderheit fühlt und dann möglicherweise seine Meinung hinterfragt/sie ändert und sich bewusst dazu äußert, weil ja der Großteil anderer Meinung ist. So geht man Konflikten aus dem Weg.

Bewusste Beeinflussung?

Dieser Mechanismus könnte in meinen Augen u.a. beim Thema Corona zum Tragen kommen. Denn schaut man in die Kommentarspalte, scheinen 90 % der deutschen Bevölkerung gegen Maske zu sein und nicht daran zu glauben, was aber faktisch kaum möglich sein kann.

Da wie schon erwähnt viele Profile sehr anonym gehalten sind, könnte ich mir auch auf Basis der Erkenntnisse aus meiner Bachelorarbeit durchaus vorstellen, dass diese Beeinflussung bewusst vorgenommen wird. Dies könnte durch Bots erfolgen, aber auch Profile von Personen, die ganz gezielt eine Meinung verbreiten sollen. Ob dem wirklich so ist, kann wohl niemand sagen – ich halte es aber im Bereich des Möglichen.

Wie mit Coronaleugnern umgehen?

Eine Frage, die ich mir auch gerade in Bezug auf Corona stelle: Wie gehe ich mit Menschen um, die nicht an das Virus glauben, das Ganze für eine Verschwörung halten? Ich bin der Meinung, man muss (zumindest ihre Existenz) ernst nehmen und nach den Ursachen fragen, und die können vielfältig sein.

Ich glaube, die Bildung nur ein Eckpfeiler ist. Viel mehr ist es vielleicht der tief sitzende Groll gegen den Staat, der hier sein Ventil sucht. Sei es bedingt durch Arbeitslosigkeit oder Menschen aus dem Osten, die sich von Westdeutschland im Stich gelassen fühlen. Gerade deshalb muss man sich mit diesen Menschen auseinandersetzen und sie aufgreifen.

Instrumentalisierung durch Verschwörungstheoretiker und Rechts

Machen wir das nicht, machen das nämlich anderen – und dann entstehen genau solche Corona-Demos wie die am Samstag. Weil Menschen Angst haben und sich im Stich gelassen fühlen – und genau da haken Rechte und Verschwörungstheoretiker ein. Ähnlich könnte man auch einen Aufstieg der AFD erklären.

Und gerade diese Menschen kann man dann nicht mehr in Schutz nehmen, denn das, was sie machen, machen sie bewusst und das ist gefährlich – und hat wenig mit Ängsten, Sorgen oder fehlender Bildung zu tun.

Fazit?

Gerade in schwierigen Zeiten wie Corona zeigt sich: Wir haben noch viel zu tun. Gerade die Demokratie steht immer wieder vor Herausforderungen, die wir nur schaffen können, wenn wir reden und zuhören. Und das Web macht vieles auch nicht einfacher. Deshalb: Zusammenhalten und Mund aufmachen. Oder wie Angie immer sagt – wir schaffen das.

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